Highlights International – 2007

Highlights International – 33 Meters 22 Euro

a work in three final forms:


Highlight prints

21,5 cm × 29 cm × 1 cm
Print mounted on black lacquered wooden panel with 4 holes, so it can be hanged in any direction.


Highlight video

Loop with 303 images fading in and out, 
Version A very fast, speed at 1/2 sec./image
Version B very slow, speed at 20 sec./image
The Beamer projection in Kunsthaus Zug 2009:
Large dark room with a single screen projection and, on the opposite wall, one print lit with a spotlight.
Ultra high resolution: 4K


Highlight book

HIGHLIGHTS INTERNATIONAL
by Jules Spinatsch
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23,5 × 14,5 cm,
Softcover, 144 pages, 88 color plates
Kodoji Press, Baden 2007
first edition, 700 copies
ISBN 978–3–03747–004–6
EUR 22 / USD 38 / CHF 36

Catherine Hug

Tyrannosaurus Lux

„Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über den Wassern. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war.“ (1. Buch Mose, Vers 1–4) Zuweilen hat das „Licht“ eigenartige Formen angenommen, und im Post-post-Zeitalter der Elektrifizierung wirken Lichtdekorationen fast anachronistisch und fragil unbeholfen, zum Beispiel die Königin der elektrifizierten Dekoration: Die Lichterkette. Im Fachhandel können 33 Laufmeter standardgemäss gerade mal zum Preis von 22 Euro erstanden werden. Eine vernünftige, man ist beinahe geneigt zu sagen günstige Summe, gemessen an der Bandbreite von Effekten, die sie hervorzurufen vermag. more >>

„It glitters rather than glows“, es glänze eher als es glühe, haben die amerikanischen Stararchitekten Robert Venturi und Denise Scott Brown Anfang der 1970er Jahre in ihrer nachhaltigen Untersuchung Learning From Las Vegas beobachtet. Diese Aussage über die nächtliche, von Lichtreklamen überflutete Fremont Street in Las Vegas lässt sich überraschend gut auf den Kontext der Lichterketten übertragen. Denn in einer Landschaft, die sich kaum umschreiben lässt (sei es die Wüste um die weltberühmteste Spielstadt Las Vegas oder die nächtliche Umgebung von Lichterketten), wird jegliche Art von Architektur zum Symbol. Venturi und Scott Brown nannten diese „the decorated shed“, der dekorierte Schuppen, der nach vorne auf die Strasse hin in voller Pracht und Übertreibung das suggeriert, wofür er nur in beschränktem und durchrationalisiertem Masse steht wenn man die verlockende Türschwelle passiert hat. Dabei ist die Überzeugungskraft der Erscheinung am Tag eine ganz andere als bei Nacht: Die Umgebung ist bei Sonnenlicht kaum wiederzuerkennen. Beispielsweise hat das Antlitz eines Tyrannosaurus Rex, dem gefährlichsten unter den Dinosauriern, nichts mit dem friedlichen und etwas biederen Lampengeschäftes zu tun, vor dem es montiert worden ist.

Nicht selten fährt eine Lichterkette den gesamten Umriss eines Hauses nach, wobei das Dach sich durch seinen Spitz automatisch hervorhebt. Bei weniger eindeutigen Formträgern kann man sich allerdings fragen, ob die Lichterketten effektiv überhaupt noch Umrisse nachfahren… Die formalen Assoziationen, die geweckt werden, lassen sinnigerweise die Terminologie des Forschenden erklingen. Wo also die Gewissheit fehlt, scheint sie die Naturwissenschaft wieder herstellen zu können: Man denkt an amorph, biomorph, seismographisch, parabolisch, rhizomatisch… Die „wahre“ Form, die nur bei Tageslicht identifiziert werden kann, hat mit den leuchtenden Gebilden der Nacht meist nichts zu tun. So kann die zittrige, unsichere Linienführung um ein für seine kulinarischen Köstlichkeiten bekanntes Gasthaus in Graubünden wie seine eigene romantische Ruine anmuten. Diese ungewollte Irre- oder Verführung macht letztendlich die Poesie dieser Lichtzeichnungen und Schleifenbilder aus. Oder wie es der französische Philosoph Roland Barthes in seiner Abhandlung über Fotografie Die helle Kammer (1985) so schön auf den Punkt bringt; „so bekannte ich mich zu dem einzigen in mir, dessen ich mir sicher war (wie naiv es auch sein mochte): Dem leidenschaftlichen Widerstand gegen jegliches reduzierende System.“ Die Lichtkonfigurationen mögen simpel und auf einfachen Mitteln beruhend aufgebaut sein, der Interpretationsspielraum, den ihre Formenvielfalt bietet, ist jedoch grenzenlos.

Cathérine Hug, Zürich im Juli 2007