I : Rote Mirage (1958)
Mirage, oder der Traum mit der Bombe nach Moskau zu fliegen. Die Geschichte der Schweizer Nukleartechnologie beginnt mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, welcher mit dem Abwurf von 2 Atombomben in Japan seinen Abschluss fand. Der Motor der Geschichte ist die von der USA inspirierte Angst vor dem Kommunismus, die von der Schweizer Militärführung geteilt wurde. Sie ging davon aus, dass die Sowjetunion nach Besetzung ganz Europas strebte. Der Weg schien klar: Österreich würde schnell besetzt, wie ein Korridor durchfahren und die russischen Panzer stünden bald am Rhein.
In der Zeit des Kalten Kriegs bis Ende der achtziger Jahre, wurde die Schweiz von einer bürgerlichen Mehrheit dominiert, die den militärisch-wirtschaftlichen Komplex des Landes bildete. So gab es in den späten 40er und 50er Jahren Bestrebungen, sowohl von militärischen wie auch wirtschaftlichen Kreisen, eine nationale Atom-Industrie aufzubauen. Die Verteidigungsdoktrin sah die atomare Bewaffnung vor: Man wollte in der Lage sein, mit schnellen Flugzeugen bis nach Moskau fliegen zu können, um präventiv atomare Verteidigungsschläge auszuführen. Ein geeignetes Transport-Vehikel war der Mirage III Kampfjet. Der französischen Hersteller modifizierte die Flugzeuge mit den gewünschten Tragvorrichtungen für Nuklearbomben. Obwohl die Mirage nie in einen Ernstfall zum Einsatz kam, die Idee der Schweizer Atombombe schon bald verworfen wurde, und ihre Beschaffung in einem politischen Skandal endete, geniesst sie bis heute eine herausragende Verehrung durch das Schweizer Volk. Dies beweist, neben wechselnden Farbanstrichen der Flugzeuge, eine Vielfalt von Postkarten der einzelnen Flugzeuge. Die beiden gegen den Himmel aufgerichteten Kampfflugzeuge erinnern in der Ausstellung an brachiale Skulpturen kommunistischer Staaten einerseits und dienen als Analogie zu den totalitären Eigenschaften, die der Atomtechnologie inhärent sind. Der kalte Krieg ist vorbei, die meisten Monumente in Osteuropa und Russland stehen nach wie vor als Hinterlassenschaften eines vergangener Regime. Durch die rote Übermalung des Schweizerkreuzes auf den Flügeln der Mirage aktualisiert der Künstler das Bild und rückt es näher an die veränderte Realität. Es erzählt von der Tatsache, dass die Flugzeuge selbst ihrer nationalen Funktion enthoben sind und das Land nun nicht mehr zu repräsentieren brauchen, der Kalte Krieg ist vorbei. Der rote Punkt hat nun keine eindeutige Leseart mehr, er kann als Hinweis gelesen werden, dass es ohne die reale oder eingebildete kommunistische Bedrohung keine Mirages in der Schweizer Armee gegeben hätte.
I : Red Mirage (1958)
Mirage, or the dream of flying to Moscow with the bomb. The story of Swiss nuclear energy begins with the end of the Second World War. The Swiss military command, much like that of the USA, was convinced that the Soviet Union aspired to occupy all of Europe.
In the Cold War era, through to the end of the eighties, Switzerland was dominated by a majority of liberals and christian democrats, constituting a broad intersection with the country’s military-economic complex. Thus, in the late forties and during the fifties, efforts to establish a national nuclear industry were made in both military and industrial circles. The defence doctrine envisaged nuclear weaponry: on the one hand as a deterrent, and on the other hand, even though Switzerland saw itself as a neutral country, there was a desire to be able to fly to Moscow with high-speed aircraft in order to carry out preventative defensive nuclear strikes. One suitable transport vehicle was the Mirage III fighter jet. The French manufacturer modified the aircraft, giving it the required mechanisms to carry nuclear bombs.
Despite the Mirages never being used in an emergency, their suitability remaining doubtful, the procurement ending in a major scandal, and an average of one machine per year crashing, they were nevertheless revered by the Swiss public: even after the last official flight in 2003, the little, elegant triangles in the sky are seen as an impressive representation of the Swiss fighting spirit. This is evident, not only in the aircraft’s changing coats of paint, but also in a multitude of postcards depicting the individual jets.
Asynchronous I comprises two images of an enlarged and processed postcard. They hang in portrait format beside each other: the Mirages usually flew in pairs. The pilot in the image is looking into the camera of the co-pilot, who is photographing him from the second jet (a two-seat Mirage RS). The overpainting of the Swiss cross, resulting in a red spot on the wings, adapts the postcard image of the Mirage to the changed reality. Among other things, it relates the fact that the aircraft have now been relieved of their national function and no longer need to represent the country. No they stand on point against the sky like a monument on their own behalf.