Planetary Upgrade Piazza Davos, 18. January – 6. March 2022
Swiss National TV SRF Daily News / Tagesschau 25.February 2022
The work was reinstalled during the postponed World Economic Forum WEF from 21. – 28. May 2022
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The photographic installation by the internationally renowned Davos artist Jules Spinatsch will occupy the outdoor area of the new arcade square as well as the foyer of the newly founded cultural centre Kulturplatz Davos. The first exhibition intendeds to introduce the square in its entirety as a central location for cultural events and encounters. First of all, this is done with a topic that has been current and also controversial for years: the annual reconstruction of the Davos Promenade during the WEF. The artist planned this as a real collision: the images of 2020 meet the rebuilt city of 2022.
It turned out differently: the WEF was cancelled, but the art, like a proof of its systemic relevance, takes place anyway.
Davos is a Verb
Spinatsch invites us on a trip through a parallel universe, documenting the communicative surfaces and self-representations of the finance, technology and new media industries, where not only WEF participants and lobbyists meet, but also locals and tourists. He takes us to bars, clubs, hotels, churches and museums, for aperitifs, press conferences or spiritual sessions for inner self-discovery. And he also shows us empty business premises, many of which are only rented out in January during the WEF.
The photographic basis for the exhibition is the book “Davos Is A Verb”, recently published by Lars Müller Publishers. It can be understood as an additional chapter of his well-known work “Temporary Discomfort Chapter I-V “ from 2005.
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Die fotografische Installation des international bekannten Davoser Künstlers Jules Spinatsch bespielt den Aussenbereich des neuen Arkadenplatzes sowie das Foyer des neu gegründeten Kulturzentrums Kulturplatz Davos. Die erste Ausstellung im Kulturplatz Davos soll den Platz in seiner Gesamtheit als zentralen Ort für kulturelle Veranstaltungen für einführen. Als erstes geschieht dies mit einem seit Jahren aktuellen und auch kontroversen Thema: Der jährliche Umbau der Promenade während dem WEF. Der Künstler plante dies als Realkollison: Die Bilder von 2020 treffen auf die umgebaute Stadt von 2022.
Es kam anders: Das WEF wurde abgesagt, die Kunst, wie ein Beweis ihrer Systemrelevanz, findet trotzdem statt.
Grundlage für die Ausstellung bildet das kürzlich bei Lars Müller Publishers erschienene Buch «Davos Is A Verb», das gleichzeitig die Fortsetzung der bekannten Arbeit von «Temporary Discomfort Chapter I-V» aus dem Jahr 2005 bildet.
Davos, das WEF und die Transformation im Januar
Die Ortschaft Davos in Graubünden hatte schon mehrere Gesichter, und transformierte sich immer wieder durch äussere Einflüsse. Die Walser fanden ein fast unbesiedeltes Hochtal. Nach dieser bäuerlich bestimmten Zeit kam die Zeit der Höhenkliniken und Tuberkolosekuren mit literarischen und bildnerischen Höhenflügen, wurde dann weltbekannter Wintersportort und schliesslich noch weltberühmter, seit das World Economic Forum WEF seit 50 Jahren (fast) jeden Januar dort stattfindet.
Davos Is A Verb – das Buch
Jetzt schreibt Jules Spinatsch mit der Monografie und den fotografischen Installationen von Davos is a Verb ein neues Kapitel, weil sich seit der Finanzkrise 2009 ein neues Phänomen in Davos entwickelt hat und das möglicherweise genau im Jahr 2020, als er fotografierte, ihren Höhepunkt erlebt hat: Für 5 Tage werden mehr als die Hälfte aller Ladenlokale an der 3 km lange Promenade, umgebaut, externe Pavillions und wandfüllende Werbeposter aufgestellt.
Von dieser kurzlebigen und invasiven Parallelwelt, die weder vom WEF noch von der Gemeinde Davos organisiert, sondern nur genehmigt wird und die sich kollateral, symbiotisch bis schmarotzerisch selbst konstituiert, davon handelt das Buch Davos Is A Verb. Jules Spinatsch hat einerseits vor und nach dem WEF die Strassenzüge und Fassaden fotografiert, oft bis lang in die Nacht hinein. Andererseits aber versuchte er wie Felix Krull in Thomas Manns Roman die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull, während des WEF sich Zugang in die Hotels, Läden und Pavillions zu verschaffen. Das Buch nun ist wie ein Trip, auf den uns Jules Spinatsch als Tour Guide mitnimmt durch diese flüchtige aber leuchtende Parallelwelt.
Palimpsest
Auszug dem Text von Michael Kathe zur Ausstellung in der Kunsthalle 8000 in Wädenswil, 28. August – 13. November 2021
„Unter der neuen WEF-Davos-Schicht schimmert immer wieder das alte Davos durch. So kann die aussergewöhnliche Welt nur im Dasein der alltäglichen erscheinen. Das künstlerische Verfahren von Davos Is A Verb ist demnach das Palimpsest, eine Denkfigur, die in der poststrukturalistischen Theorie zu erneuter Blüte gekommen ist. Adäquat beschreiben lässt das Palimpsest in Bezug auf Spinatschs Werk allerdings über die Restaurierung von Wandmalerei: Hier bezeichnen Palimpseste diejenigen Stellen, in denen Putz- und Malschichten unter einer bestehenden Wandmalerei erhalten geblieben sind. Der Künstler zeigt uns im Neuen auch das Vorhergewesene, das nach 5 Tagen WEF wieder zum (alten) Neuen wird. Beide Zeitebenen sind in Davos ständig präsent. Jede der Fotografien erzählt eine Geschichte voller Implikationen und vielfältiger Bedeutungsebenen.
Und hinter den grossen hängenden Gesten, versteckt oder fast, finden sich kleine Rückzugsgebiete der Davoser.
Fotografische Grundlage für die Ausstellung bildet das kürzlich bei Lars Müller Publishers erschienene Buch «Davos Is A Verb».
Produktion: Kulturplatz Davos / Ute Haferburg
Projektleitung: Pius Tschumi